CMR1 – Multifokale Retinopathie

 

Englisch:

Multifocal Retinopathy
Canine multifocal retinopathy
Bestrophinopathy



Testdauer:7 -10 Tage (ab Probeneingang im Labor)
Abkürzung:CMR1
Synonyme:Hereditäre Netzhautdystrophie
Rassen:Amerikanische Bulldogge
Australien Shepherd
Bordeauxdogge
Bullmastiff
Cane Corso
Dogo Canario
Englische Bulldogge
Englischer Bullmastiff
Pyrenäenberghund
Erbgang:autosomal rezessiv
Betroffenes Gen:BEST 1 – Bestrophin 1
VMD2 – Viteliform macular dystrophy
Mutation:Basenaustauch C > T (Punktmutation)
Beschreibung:Die multifokale Retinopathie ist eine angeborene nicht-entzündliche Augenerkrankung, genauer gesagt eine Erkrankung der Netzhaut (Retina). Die Netzhaut befindet sich im Inneren des Auges und besteht aus mehreren Schichten, unter anderem auch aus der Photorezeptorschicht. In dieser sind die sogenannten Stäbchen und Zapfen, also die Sehsinneszellen zu finden. Dank dieser wird das Sehen bei Helligkeit oder bei Nacht ermöglicht, genauso wie die Wahrnehmung von Farben und kleiner Objekte. Unterhalb der Retina liegt eine weitere Zellschicht, die als Retinapigmentepithel (RPE) bezeichnet wird. Bei der multifokalen Retinopathie treten Flecken im Augenhintergrund auf sowie die Ablösung der Netzhaut und Retinapigmentepithelschicht.

Das BEST1-Gen stellt den Bauplan für die Herstellung des gleichnamigen Proteins Bestrophin bereit. Die genaue Funktion von Bestrophin ist bisher unbekannt, es dürfte aber eine wichtige Rolle beim Sehprozess spielen. Es ist im Retinapigmentepithel zu finden und diese Schicht ist für die Unterstützung und Versorgung der Netzhaut zuständig. Bestrophin dürfte dort als Kanal dienen, durch welchen Substanzen (Chloridionen) transportiert werden. Durch die genetische Veränderung kommt es zu einem Verlust der Funktion von diesen Kanälen und somit zu einer Anreicherung der genannten Substanzen (Kunzelmann et al. 2007). Es wird angenommen, dass dies zu einer Ansammlung von Wasser führt und dadurch eine Ablösung der Retinapigmentepithelschicht bewirkt wird (Guziewicz et al. 2007).
Symptome:Bereits im Alter von drei bis 6 Monaten treten bei betroffenen Hunden erste klinische Symptome auf, die als graubraune runde bis ovale Flecken im Augenhintergrund erkennbar sind. Dabei handelt es sich um Ablösungen der Netzhaut. Mit der Zeit verfärben sich diese dunkler und werden grau-pink. In einem Zeitraum von etwa 3 Jahren kommt es zu keinen nennenswerten Veränderungen des Zustandes. Basierend auf dem Verhalten der Tiere ist davon auszugehen, dass keine Einschränkungen beim Sehen gegeben sind (Grahn et al. 1998).
Genetische Ursache:Grund für die genetisch bedingte multifokale Retinopathie ist eine Mutation im Gen BEST1 auf dem Hundechromosom 18. Durch den Austausch der Base Cytosin gegen ein Thymin an einer bestimmten Position im Gen kann das Bestrophin-Protein nicht mehr vollständig hergestellt werden (Guziewicz et al. 2007).
Vererbung:Die multifokale Retinopathie wird autosomal rezessiv vererbt (Grahn et al. 1998). Damit es tatsächlich zu einem Ausbruch der Erkrankung kommt, müssen zwei veränderte Genkopien vorliegen. Das bedeutet, dass sowohl die mütterliche, als auch die väterliche Kopie des BEST1-Gens die genetische Veränderung aufweisen müssen. Männliche und weibliche Tiere können gleichermaßen von der Erkrankung betroffen sein. Anlageträger, also Tiere die nur eine veränderte Kopie besitzen, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von der Erkrankung betroffen sein.
Zuchtrelevanz:Bei autosomal rezessiven Erbgängen sind Anlageträger in der Regel selbst nicht erkrankt, können aber den Gendefekt mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % an ihre Nachkommen weitergeben. Würden demnach 2 Anlageträger miteinander verpaart werden, entstehen aus dieser Zucht zu 25 % erkrankte (affected) Nachkommen. Dies bedeutet aber nicht, dass Anlageträger generell aus der Zucht ausgeschlossen werden müssen. Vielmehr muss sichergestellt sein, dass der Zuchtpartner CMR1-frei (clear) ist. Hunde, die keine Überträger der Mutation sind, haben kein erhöhtes Risiko, betroffene Welpen zu bekommen.
Mittels genetischem Test, welcher basierend auf den wissenschaftlichen Arbeiten in unserem Labor durchgeführt wird, kann eine Veränderung des verantwortlichen Gens eindeutig nachgewiesen werden. Die daraus gewonnenen Informationen über die genetische Veranlagung des untersuchten Tieres ermöglichen dem Züchter eine genaue Planung zukünftiger Verpaarungen.
Genotypen:Nachfolgende Genotypen können für die multifokale Retinopathie gegeben sein:

N / N
CMR1-frei (clear)
Der Hund besitzt 2 normale Gene und kann keine multifokale Retinopathie entwickeln bzw. kein krankes BEST1-Gen an seine Nachkommen weitergeben.

N / CMR1
CMR1-Anlageträger (carrier)
Der Hund besitzt 1 normales Gen und 1 verändertes BEST1-Gen. Die Veränderung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Einfluss auf die Gesundheit haben. Das veränderte Gen wird mit 50%iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.

CMR1 / CMR1
CMR1-Merkmalsträger (affected)
Der Hund besitzt 2 veränderte BEST1- Gene und wird ab einem bestimmten Alter von der Erkrankung selbst betroffen sein. Die veränderten Gene werden mit 100%iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.
Testablauf:Die Analysen werden in unserem Labor basierend auf Mundschleimhautabstrichen des zu testenden Tieres durchgeführt. Mittels Online-Formular können Sie ein Probenset ordern, das die nötigen Utensilien inklusive einer genauen Beschreibung für eine sichere und einfache Probenentnahme beinhaltet. Das Testresultat wird Ihnen per Mail bzw. auf Wunsch per Post zugesendet.
Literatur:
Grahn, B. H., Philibert, H., Cullen, C. L., Houston, D. M., Semple, H. A., and Schmutz, S. M. (1998) Multifocal retinopathy of Great Pyrenees dogs. Veterinary Ophthalmology 1, 211-221

Guziewicz, K. E., Zangerl, B., Lindauer, S. J., Mullins, R. F., Sandmeyer, L. S., Grahn, B. H., Stone, E. M., Acland, G. M., and Aguirre, G. D. (2007) Bestrophin gene mutations cause canine multifocal retinopathy: a novel animal model for best disease. Investigative Ophthalmology & Visual Science 48, 1959-1967

Kunzelmann, K., Milenkovic, V. M., Spitzner, M., Soria, R. B., and Schreiber, R. (2007) Calcium-dependent chloride conductance in epithelia: is there a contribution by Bestrophin? Pflugers Archiv : European Journal of Physiology 454, 879-889