PLL – Primäre Linsenluxation

 

Englisch:

Lens luxation
Primary lens luxation
Isolated canine ectopia lentis

Testdauer:7 -10 Tage (ab Probeneingang im Labor)
Abkürzung:PLL
Synonyme:Linsenluxation
Rassen:Australian Cattle Dog
Chinese Crested Dog
Deutscher Jagdterrier
Jack Russel Terrier
Lancashire Heeler
Miniatur Bull Terrier
Parson Russel Terrier
Patterdale Terrier
Rat Terrier
Rauhaar Fox Terrier
Sealyham Terrier
Tenterfield Terrier
Tibet Terrier
Toy Fox Terrier
Volpino Italiano
Welsh Terrier
Yorkshire Terrier
Erbgang:autosomal rezessiv
in seltenen Fällen autosomal dominant
Betroffenes Gen:ADAMTS17 - ADAM metallopeptidase with thrombospondin type 1 motif 17
Mutation:Basenaustauch G > A (Punktmutation)
Beschreibung:Die primäre Linsenluxation ist eine genetische vererbte Erkrankung des Auges, die bereits vor mehr als 80 Jahren bei Hunden beschrieben wurde (Gray 1932). Dabei kommt es zu einer spontanen Verschiebung der Linse im Auge, weg von ihrer eigentlichen Position. Hervorgerufen wird diese Verschiebung durch das Reißen der sogenannten Zonulafasern, die kreisförmig um die Linse angeordnet sind und diese stabilisieren. Durch die Verschiebung kann die Augenkammer beschädigt werden und es durch Schädigungen der Pupille zur Bildung von einem akuten grünen Star kommen (Davidson & Nelms 2007).

Durch die genetische Veränderung im Gen ADAMTS17 dürfte es zu einer fehlerhaften Ausbildung oder Formerhaltung dieser Zonulafasern kommen, wodurch diese nicht mehr in der Lage sind, die Linse an ihrer Position zu behalten.

Primäre Linsenluxationen sind mit vermehrter Häufigkeit bei verschiedenen Terrier Rassen, sowie in einigen anderen Rasse mit möglicher Terrier-Abstammung, zu finden (Curtis & Barnett 1980,Curtis et al. 1983).
Symptome:Durch den genetischen Defekt, kommt es zu einer Verschiebung der Linse im Auge. Diese tritt ausnahmslos auf beiden Augen auf. Meist erfolgt die Verlagerung der Linsen im ersten Auge und erst über Wochen oder Monate später erfolgt auch diese im zweiten Auge (Curtis 1990,Curtis & Barnett 1980,Curtis et al. 1983). Veränderungen in der Struktur der Fasern wurden bei betroffenen Hunden bereits ab einem Alter von 20 Monaten gefunden (Curtis 1983), also lange bevor es zur Verlagerung der Linse kommt. Das Alter, ab welchem sich die PLL abzeichnet, ist sehr variabel und liegt zwischen 3 und 8 Jahren (Curtis & Barnett 1980, Curtis et al. 1983). Betroffene Hunde zeigen plötzlich auftretende Symptome wie Augenzucken, Blinzeln und tränende Augen. Entzündungen der Augen sowie die Bildung von grüner Star (Glaukomen) und der Sehverlust sind ebenfalls assoziiert mit der primären Linsenluxation.
Genetische Ursache:Die genetische Ursache für die primäre Linsenluxation liegt im Gen ADAMTS17 und wurde in den Rassen Miniatur Bullterrier, Lancashire Heeler und Jack Russel Terrier beschrieben (Farias et al. 2010). Bei dieser Mutation wird eine einzelne Base der DNA von einem Guanin durch ein Adenin ausgetauscht. Aufgrund der Position im Gen, wo dieser Austausch stattfindet, wird aus dem Gen ADAMTS17 kein vollständiges Protein mehr hergestellt. Man spricht in diesem Fall der Genveränderung von einer sogenannten Splice-Donor-Mutation.
Vererbung:Die primäre Linsenluxation wird autosomal rezessiv vererbt. Üblicherweise müssen bei autosomal rezessiven Erbgängen zwei veränderte Genkopien vorliegen, damit die Erkrankung zum Tragen kommt. Bei der PLL zeigen Anlageträger in den meisten Fällen keine Symptome die für eine primäre Linsenluxation sprechen würden. Ein geringer Prozentsatz heterozygoter Hunde, also solcher mit nur einer veränderten Genkopie, können dennoch eine PLL entwickeln (Farias et al. 2010). Es wird angenommen, dass Anlageträger ein erhöhtes Risiko besitzen an einer PLL zu erkranken. Diese bricht aber nur bei einem geringen Prozentsatz der Hunde tatsächlich aus (Gould et al. 2011). Durch das gegebene Risiko ist es sinnvoll, Anlageträger in regelmäßigen Abständen ophthalmologisch untersuchen zu lassen. So können klinische Anzeichen frühzeitig erkannt werden. Männliche und weibliche Tiere können gleichermaßen von der Erkrankung betroffen sein.
Zuchtrelevanz:Bei autosomal rezessiven Erbgängen sind Anlageträger in der Regel (mit wenigen Ausnahmen bei der PLL) selbst nicht erkrankt, können aber den Gendefekt mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % an ihre Nachkommen weitergeben. Würden demnach 2 Anlageträger miteinander verpaart werden, entstehen aus dieser Zucht erkrankte (affected) Nachkommen. Dies bedeutet aber nicht, dass Anlageträger generell aus der Zucht ausgeschlossen werden müssen. Vielmehr muss sichergestellt sein, dass der Zuchtpartner PLL-frei (clear) ist. Hunde die keine Überträger der Mutation sind, haben kein erhöhtes Risiko betroffene Welpen zu bekommen.

Mittels genetischem Test, welcher basierend auf den wissenschaftlichen Arbeiten in unserem Labor durchgeführt wird, kann eine Veränderung des verantwortlichen Gens eindeutig nachgewiesen werden. Die daraus gewonnenen Informationen über die genetische Veranlagung des untersuchten Tieres ermöglichen dem Züchter eine genaue Planung zukünftiger Verpaarungen.
Genotypen:Nachfolgende Genotypen können für die primäre Linsenluxation gegeben sein:

N / N
PLL-frei (clear)
Der Hund besitzt 2 normale Gene und kann keine primäre Linsenluxation entwickeln bzw. kein krankes ADAMTS17 Gen an seine Nachkommen weitergeben.

N / PLL
PLL-Anlageträger (carrier)
Der Hund besitzt 1 normales Gen und 1 verändertes ADAMTS17 Gen. Die Veränderung wird im Normalfall mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Einfluss auf die Gesundheit haben. Das veränderte Gen wird mit 50%iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.

PLL / PLL
PLL-Merkmalsträger (affected)
Der Hund besitzt 2 veränderte ADAMTS17 Gene und wird ab einem bestimmten Alter von der Erkrankung selbst betroffen sein. Die veränderten Gene werden mit 100%iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.
Testablauf:Die Analysen werden in unserem Labor basierend auf Mundschleimhautabstrichen des zu testenden Tieres durchgeführt. Mittels Online-Formular können Sie ein Probenset ordern, das die nötigen Utensilien inklusive einer genauen Beschreibung für eine sichere und einfache Probenentnahme beinhaltet. Das Testresultat wird Ihnen per Mail bzw. auf Wunsch per Post zugesendet.
Literatur:
Gray, H. (1932) Some medical and surgical conditions in the dogs and dog. Veterinary Record 12, 1-10

Curtis, R., and Barnett, K. C. (1980) Primary lens luxation in the dog. The Journal of Small Animal Practice 21, 657-668

Curtis, R. (1983) Aetiopathological aspects of inherited lens dislocation in the Tibetan Terrier. Journal of Comparative Pathology 93, 151-163

Curtis, R., Barnett, K. C., and Lewis, S. J. (1983) Clinical and pathological observations concerning the aetiology of primary lens luxation in the dog. The Veterinary Record 112, 238-246

Curtis, R. (1990) Lens luxation in the dog and cat. The Veterinary clinics of North America. Small Animal Practice 20, 755-773

Davidson, M. G., and Nelms, S. R. (2007) Diseases of the canine lens and cataract formation. in Veterinary Ophtalmology (Gelatt, K. ed.), Blackwell Publishing, Ames. pp 859-887

Farias, F. H., Johnson, G. S., Taylor, J. F., Giuliano, E., Katz, M. L., Sanders, D. N., Schnabel, R. D., McKay, S. D., Khan, S., Gharahkhani, P., O'Leary, C. A., Pettitt, L., Forman, O. P., Boursnell, M., McLaughlin, B., Ahonen, S., Lohi, H., Hernandez-Merino, E., Gould, D. J., Sargan, D. R., and Mellersh, C. (2010) An ADAMTS17 splice donor site mutation in dogs with primary lens luxation. Investigative Ophthalmology & Visual Science 51, 4716-4721

Gould, D., Pettitt, L., McLaughlin, B., Holmes, N., Forman, O., Thomas, A., Ahonen, S., Lohi, H., O'Leary, C., Sargan, D., and Mellersh, C. (2011) ADAMTS17 mutation associated with primary lens luxation is widespread among breeds. Veterinary Ophthalmology 14, 378-384