HC – Hereditärer (vererbter) Katarakt

 

Englisch:

Primary hereditary cataract (PHC), early onset

Testdauer:7 -10 Tage (ab Probeneingang im Labor)
Abkürzung:HC
Synonyme:Primärer hereditärer Katarakt
Rassen:Australian Shepherds
Boston Terrier
Französische Bulldoge
Staffordshire Bull Terrier
Erbgang:autosomal rezessiv in Boston Terrier, Französische Bulldoge, Staffordshire Bull Terrier
autosomal dominant in Australian Shepherds
Betroffenes Gen:HSF4 – Heat shock transcription factor 4
Mutation:Baseninsertion (Einfügung) bei Staffordshire Bullterrier Französische Bulldoge, Staffordshire Bull Terrier
Basendeletion (Löschung) bei Australian Shepherds
Beschreibung:Der Katarakt oder auch graue Star ist eine der am häufigsten vorkommenden Augenerkrankungen, die in weiterer Folge zur Erblindung der Tiere führt. Hierbei handelt es sich um eine Trübung der Linse, die im fortgeschrittenen Stadium zu einer grauen Färbung hinter der Pupille führt. Die Linsentrübung ist bei der vererbten Form meist beidseitig und fortschreitend zu finden. Bereits in einem Alter von unter 6 Jahren sind Ausprägungen des grauen Stars zu finden. Es gibt Katarakte die sich sehr langsam bilden, sodass die Hunde relativ lange klar sehen können, aber auch solche die schnell an Größe zunehmen und die zur Erblindung der Tiere führen. Operationen sind möglich, allerdings sind diese teuer und nicht immer erfolgreich.

Die vererbte Form des Katarakts wird häufig auch als primärer Katarakt bezeichnet. Der sekundäre Katarakt hingegen entsteht als Folgeerscheinung vorangegangener Augenerkrankungen wie einem fortschreitenden Absterben der Netzhaut (progressive Retinaatrophien), Fehlentwicklung der Netzhaut (Retinadysplasie) und grüner Star (Glaukome).

Die genetische Ursache für eine Entstehung des vererbten Katarakts ist für die Rassen Boston Terrier, Französische Bulldogge, Staffordshire Bullterrier und Australian Shepherds bekannt (Mellersh et al. 2006).
Symptome:Sowohl beim Boston Terrier wie auch beim Staffordshire Bullterrier ist ein fortschreitender Verlauf gegeben (Barnett 1976). Bereits im Alter von acht Wochen ist eine Linsentrübung zu erkennen, die bis zu einem Alter von 6 Monaten bereits die gesamte Linse betreffen kann. Mit etwa 15 Monaten ist der graue Star mit freiem Auge erkennbar und erste Sehstörungen treten auf. Bis zu 4 Jahren kommt es zu einer vollständigen Trübung der Linse, was zur Erblindung des betroffenen Hundes führt (Barnett 1978). Die HSF4-Genveränderung ist verantwortlich für frühe Formen des vererbten Katarakts, also bereits im ersten Lebensjahr und nicht für spät einsetzende Formen wie sie für die Rasse der Boston Terrier bekannt ist. Das verantwortliche Gen für die späte Form wurde bisher nicht identifiziert.
Bei Australian Shepherds kann sich der graue Star in unterschiedlichem Alter entwickeln und muss kein so frühzeitiges Auftreten zeigen.
Genetische Ursache:Der ursächliche genetische Defekt für den vererbten Katarakt unterscheidet sich in den Rassen Boston Terrier, Französische Bulldoge und Staffordshire Bullterrier von jenem bei der Rasse der Australian Shepherds.
Die genetische Veränderung auf Chromosom 5 ist im Gen HSF-4 (heat shock factor 4) zu finden und beruht auf der Insertion eines Cytosins, also der Einfügung einer zusätzlichen Base in die DNA. Da es zu einem verfrühten Produktionsstopp des Proteins „Heat shock factor 4“ kommt, kann dieses nicht mehr vollständig hergestellt werden (Mellersh et al. 2006).
Die genetische Ursache bei den Australian Shepherds ist ebenfalls auf Chromosom 5 im HSF-4 Gen zu finden. Allerdings wurde hier kein Cytosin eingefügt sondern entfernt (Deletion). Auch in diesem Fall kann das HSF-4 Protein durch einen frühzeitigen Produktionsabbruch nicht mehr funktionell hergestellt werden (Mellersh et al. 2006).
Vererbung:Die Mutation bei den Rassen Boston Terrier, Französische Bulldoge und Staffordshire Bull Terrier wird autosomal rezessiv vererbt. Das bedeutet, ein Hund muss zwei veränderte HSF-4 Genkopien besitzen, damit es tatsächlich zur Ausbildung dieser Form des Katarakts kommt. Männliche und weibliche Tiere können dabei gleichermaßen von der Erkrankung betroffen sein.

Etwas anders sieht es bei der Mutation aus, die für den vererbten Katarakt bei Australian Sheperds verantwortlich ist. Hierbei handelt es sich um eine dominante Vererbung aber mit einer unvollständigen Penetranz. Das bedeutet, dass das Vorhandensein einer einzelnen mutierten Kopie des Gens ausreicht, um zu einem Ausbruch der Erkrankung zur führen. Da allerdings eine unvollständige Penetranz gegeben ist, kann (muss aber nicht) der Hund trotz Gendefekt kataraktfrei bleiben. Forschungsarbeiten haben aber gezeigt (Mellersh et al. 2009), dass die Mutation das Risiko eines Hundes an dieser Form des Katarakts in seinem Leben zu erkranken um das 12fache erhöht. Es ist durchaus möglich, dass bei einer geringen Prozentzahl von Hunden mit der HC-Mutation, ein zweites Gen die Mutation „kompensieren“ kann und so verhindert, dass die Tiere erkranken. Diese Wechselwirkung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt.
Zuchtrelevanz:Bei autosomal rezessiven Erbgängen, wie im Fall der Rassen Boston Terrier, Französische Bulldoge, Staffordshire Bull Terrier, sind Anlageträger zwar selbst nicht erkrankt, können aber den Gendefekt mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an ihre Nachkommen weitergegeben. Würden demnach 2 Anlageträger miteinander verpaart werden, entstehen aus dieser Zucht erkrankte (affected) Nachkommen. Dies bedeutet aber nicht, dass Anlageträger generell aus der Zucht ausgeschlossen werden müssen. Vielmehr muss sichergestellt sein, dass der Zuchtpartner HC-frei (clear) ist.

Bei dominanten Erbgängen, wie im Fall der Rasse Australian Shepherd, reicht bereits das Vorhandensein einer einzelnen veränderten Genkopie des HSF-4 Gens aus um an dieser Form des vererbten Katarakts zu erkranken. Der Defekt wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an die Nachkommen weitergegeben. Trotz der unvollständigen Penetranz des Erbgangs, sollte von einer Zucht mit Tieren die heterozygot getestet wurden, unbedingt abgesehen werden.

Mittels genetischem Test, welcher basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen durchgeführt wird, kann eine Veränderung des verantwortlichen Gens eindeutig nachgewiesen werden. Die daraus gewonnenen Informationen über die genetische Veranlagung des untersuchten Tieres ermöglichen dem Züchter eine genaue Planung zukünftiger Verpaarungen.
Genotypen:Nachfolgende Genotypen können bei den Rassen Boston Terrier, Französische Bulldoge, Staffordshire Bull Terrier für den vererbten Katarakt gegeben sein:

N / N
HC-frei (clear)
Der Hund besitzt 2 normale Gene und kann keinen vererbten Katarakt entwickeln bzw. kein krankes HSF4-Gen an seine Nachkommen weitergeben.

N / HC
HC-Anlageträger (carrier)
Der Hund besitzt 1 normales Gen und 1 verändertes HSF4-Gen. Die Veränderung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Einfluss auf die Gesundheit haben. Das veränderte Gen wird mit 50%iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.

HC / HC
HC-Merkmalsträger (affected)
Der Hund besitzt 2 veränderte BEST1- Gene und wird ab einem bestimmten Alter von der Erkrankung selbst betroffen sein.
Die veränderten Gene werden mit 100%iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.


Nachfolgende Genotypen können bei der Rasse Australian Shepherd für den vererbten Katarakt gegeben sein:

N / N
HC-frei (clear)
Der Hund besitzt 2 normale Gene und kann keinen vererbten Katarakt entwickeln bzw. kein krankes HSF4-Gen an seine Nachkommen weitergeben.

N / HC
HC-Merkmalsträger (affected)
Der Hund besitzt 1 normales Gen und 1 verändertes HSF4-Gen. DieVeränderung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem bestimmten Alter zum Ausbruch der Erkrankung führen. Das veränderte Gen wird mit 50%iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.

HC / HC
HC-Merkmalsträger (affected)
Der Hund besitzt 2 veränderte HSF4-Gene und wird mit hoher Wahrscheinlich in einem bestimmten Alter von der Erkrankung selbst betroffen sein. Die veränderten Gene werden mit 100%iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen weitergegeben.
Testablauf:Die Analysen werden in unserem Labor basierend auf Mundschleimhautabstrichen des zu testenden Tieres durchgeführt. Mittels Online-Formular können Sie ein Probenset ordern, das die nötigen Utensilien inklusive einer genauen Beschreibung für eine sichere und einfache Probenentnahme beinhaltet. Das Testresultat wird Ihnen per Mail bzw. auf Wunsch per Post zugesendet.
Literatur:
Barnett, K. C. (1976) Comparative aspects of canine hereditary eye disease. Advances in Veterinary Science and Comparative Medicine 20, 39-67

Barnett, K. C. (1978) Hereditary cataract in the dog. The Journal of Small Animal Practice 19, 109-120

Mellersh, C. S., Pettitt, L., Forman, O. P., Vaudin, M., and Barnett, K. C. (2006) Identification of mutations in HSF4 in dogs of three different breeds with hereditary cataracts. Veterinary Ophthalmology 9, 369-378

Mellersh, C. S., McLaughlin, B., Ahonen, S., Pettitt, L., Lohi, H., and Barnett, K. C. (2009) Mutation in HSF4 is associated with hereditary cataract in the Australian Shepherd. Veterinary Ophthalmology 12, 372-378